Research press conference Electrodialysis
Pressemeldung

17. September 2024

Evonik treibt mit der Elektrodialyse die grüne Transformation voran

  • Elektrochemisches Verfahren wandelt Salze in wertvolle Rohstoffe um

  • Einsparung von Ressourcen, Energie und CO2 als Ziel

  • Evonik baut Technologie-Plattform Elektrochemische Prozesse & Produkte weiter aus 

 

Essen. Evonik forscht daran, die Elektrodialyse im großtechnischen Maßstab für die grüne Transformation der chemischen Industrie nutzbar zu machen. Die Wissenschaftler versprechen sich einen besseren Zugang zu wichtigen Rohstoffen auf Kreislaufbasis sowie einfachere und effizientere Prozesse, die weniger Ressourcen benötigen. Mit Hilfe der Elektrodialyse können Salze, die in vielen chemischen Prozessen anfallen, getrennt und wieder in ihre wertvollen Ausgangsstoffe umgewandelt werden. Evonik baut seine Elektrochemie-Aktivitäten derzeit weiter aus. Das Unternehmen will in den kommenden fünf Jahren einen unteren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag für die Plattform Elektrochemische Prozesse & Produkte aufwenden. Rund 20 Mitarbeiter forschen in Hanau und Shanghai, China, auf diesem Arbeitsgebiet.

Patrik Stenner, Evonik-Experte für elektrochemische Prozesse und Produkte, sieht großes Potenzial: „Schätzungsweise rund 20 Prozent unserer Verfahren könnten wir allein mit Hilfe der Elektrodialyse effizienter und umweltfreundlicher machen.“ Damit verbunden sind weniger Energieverbrauch, geringerer Rohstoffeinsatz, weniger CO2-Emissionen und geringere Umweltbelastung, etwa durch Salzfrachten. Zugleich sieht Stenner den konkreten wirtschaftlichen Nutzen: „Abhängig vom Rohstoff- und Strompreis rechnet sich die Rückgewinnung der Rohstoffe aus den Salzfrachten.“ 

Salze entstehen beispielsweise bei der pH-Wert-Einstellung, einem wichtigen Prozessschritt in vielen chemischen Verfahren. Der pH-Wert beschreibt, wie sauer oder basisch eine Lösung ist, und kann durch die Zugabe von Laugen bzw. Säuren verändert werden. 

Aus den dabei entstehenden Salzen wie Natriumsulfat können nun mit Hilfe der Elektrodialyse die Rohstoffe wie Natronlauge und Schwefelsäure, auch aus stark verdünnten Lösungen, zurückgewonnen werden. Erste Abschätzungen mit Hilfe von Life-Cycle-Analysen zeigen, dass der CO2-Fußabdruck der so zurückgewonnenen Natronlauge etwa zwei Drittel niedriger ist als der konventionell hergestellter Natronlauge. Dieser Wert verbessert sich nochmals deutlich beim Einsatz von Grünstrom in der Elektrodialyse. Doch die Evonik-Ingenieure gehen noch einen Schritt weiter: Um den pH-Wert einzustellen, wollen sie künftig gar keine Laugen oder Säuren mehr verwenden, sondern ihn allein mittels Elektrodialyse direkt einstellen.

Die Elektrodialyse wird bereits seit etwa 20 Jahren in der Lebensmittelindustrie genutzt, um den Säuregehalt von Saft oder Wein einzustellen. Ihr Prinzip ist seit langem bekannt. In einer Elektrolysezelle bringt ein elektrisches Feld die in Wasser gelösten Salzionen zum Wandern. Bei Natriumsulfat wandert zum Beispiel das positiv geladene Natrium-Kation zur negativ geladenen Kathode. Das negativ geladene Sulfat-Anion zieht es zur positiv geladenen Anode. Dank hintereinander geschalteter, sogenannter bipolarer Ionentaustauscher-Membranen gelingt es nun, Kationen und Anionen zu trennen und aufzukonzentrieren. Zugleich spaltet sich das Wasser mit Hilfe des elektrischen Feldes in Protonen (H+) und Hydroxid-Ionen (OH-), die wiederum mit Hilfe der bipolaren Ionenaustauscher-Membran getrennt werden. So kann schlussendlich aus Natriumsulfat und Wasser Natronlauge und Schwefelsäure entstehen. 

„Die Herausforderung für uns ist die großtechnische Realisierung der Elektrodialyse“, erläutert Stenner, der als Gruppenleiter in der Verfahrenstechnik fungiert. Stenner sagt: „Von einem Standardprozess sind wir in der Chemieindustrie noch weit entfernt. Noch gibt es keine Anlagen von der Stange.“ Die Technologie müsse an die jeweilige Anwendung und den zu trennenden Stoff angepasst werden. Als weitere Herausforderung bezeichnet der Verfahrensingenieur die Membran selbst und deren Lebensdauer.  

In der Verfahrenstechnik entwickeln die Experten bei Evonik großtechnische Realisierungen und treiben Lösungen für konkrete Produktionen voran. Ein Beispiel: Bei der Herstellung von Isophorondiamin, das in Windrädern verwendet wird, fällt in einem Prozessschritt Ammoniumsulfat an. Mittels Elektrodialyse könnten daraus Ammoniak und Schwefelsäure künftig zurückgewonnen werden. Die ersten Versuche im Technikum sind vielversprechend. 

Ein weiteres Beispiel ist die Herstellung gefällter Kieselsäuren, wie sie etwa in energiesparenden Reifen verwendet werden. Ein Teil der Säuren sowie natriumhaltigen Laugen und Salze, die im Prozess eine Rolle spielen, können mit Hilfe der Elektrodialyse im Kreis geführt werden. Evonik prüft, ob die Technologie bereits im nächsten Jahr in einer Demonstrationsanlage zum Einsatz kommen kann. So ließen sich die nötigen Daten generieren, um den Prozess in den Produktionsmaßstab zu skalieren. Ziel ist, Rohstoffe mit großem CO2-Fußabdruck mehrfach zu nutzen. Dies würde Kunden der Reifenindustrie bei der Verwirklichung ihrer Nachhaltigkeitsziele unterstützen. 

Evonik hat die Expertise für elektrochemische Prozesse konzernweit in einer Technologie-Plattform gebündelt. Neben der Elektrodialyse forschen die Wissenschaftler zum Beispiel daran, Carbonsäuren aus Biomaterialien herzustellen. Sie entwickeln außerdem Materialien, um elektrochemische Methoden wie etwa die Elektrolyse von Wasser zu grünem Wasserstoff effizienter zu machen. Stenner sagt: „Die Plattform für elektrochemische Prozesse & Produkte bündelt eine wesentliche Technologie, die die Transformation der chemischen Industrie zur Klimaneutralität und mehr Nachhaltigkeit treibt.“

Über Evonik

Evonik ist ein weltweit führendes Unternehmen der Spezialchemie. Der Konzern ist in über 100 Ländern aktiv und erwirtschaftete 2023 einen Umsatz von 15,3 Mrd. € und ein Ergebnis (bereinigtes EBITDA) von 1,66 Mrd. €. Dabei geht Evonik weit über die Chemie hinaus, um den Kunden innovative, wertbringende und nachhaltige Lösungen zu schaffen. Rund 32.000 Mitarbeiter verbindet dabei ein gemeinsamer Antrieb: Wir wollen das Leben besser machen, Tag für Tag.

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